Bergbau in Wiederau
"Hierunter verdienen hauptsächlich diejenigen, welche unter dem Namen des rochlitzer Agats bekannt geworden, aller Kenner Bewunderung, weil sie gewiß alle Agate in der Welt an Schönheit übertreffen, und, wegen ihres entstandenen Mangels, sehr theuer bezahlet werden." (Bergrat EILENBURG, Inspektor des Dresdner Mineralienkabinetts, 1755)
Die Geschichte der sächsischen Edelsteine lässt sich viele Jahre zurückverfolgen; blieb sie doch nicht ihrem zufälligen Lauf überlassen, sondern wurde schon lange durch die Machtausübung der sächsischen Kurfürsten geprägt. Besonderen Vorschub erfuhr das Forschen nach Bodenschätzen unter "August dem Starken" ab 1694. Bereits aus dem Jahr 1445 ist ein Name bekannt, mit dem ein Privileg verbunden war: Lorenz Hofmann durfte von da an per Zeugnis, ausgestellt von Kurfürst Friedrich II, edle Steine, Erze und Perlen aufspüren und andere an solchen Aktivitäten hindern. Funde waren abzuliefern, sie waren automatisch Eigentum des Kurfürsten. Das ist vermutlich auch der Grund, warum es heute keine Überlieferungen gibt, welchen Mengen Achat in Wiederau gefördert wurden und welchen Wert die Steine hatten. Die Edelsteininspektoren, wie sie später hießen, bereisten regelmäßig das Land und hinterließen Berichte über die aufgespürten Vorkommen. Seit dem 17. Jahrhundert wird auch das Amt eines Marmorinspektors erwähnt. Als solcher wurde 1700 Johann Zellmann eingesetzt, der zusätzlich Edelsteinbrüche zu überwachen hatte und später auch Bürgermeister von Rochlitz war. (Quelle: Quellmalz/Karpinski: "Die edlen Steine Sachsens", Leipzig, 1990)
Der "Wiederauer Achat" (auch "Rochlitzer Achat" genannt) wurde von 1717 bis 1721 bergmännisch gewonnen aus zuletzt zwei Schächten mit 7 und 11 1/8 Lachter Teufe. Die "Bartholomäi Fundgrube" wurde durch den Steiger Gottfried Sättler im Juli/August 1717 beim Bergamt Schneeberg gemutet, am 17.08.1717 hat er die Gebühren beglichen. Der Schacht war zuvor auf 1 1/2 Lachter geteuft, man hoffte auf Silber. Dabei entdeckte Sättler bereits 1716 die Calcedonkugeln und übergab sie Marmorinspektor Zellmann, die sie nach Dresden sandte, wo sie von vielen Experten (einschließlich Johann Friedrich Böttger, Porzellanfabrikant aus Meißen) hoch gelobt wurden - es seinen die schönsten Steine überhaupt und überträfen alles bisher gekannte.
Die Aufsicht über die Grube wurde Herrn Zellmann zugewiesen. Sättler meinte, es gäbe noch viele Gänge und schönes gelbes Gestein und er hoffe auch auf Silber. Es wurde sofort abgebaut, bereits im gleichen Jahr wurde das Geld knapp. Zellmann schilderte die Situation schriftlich dem König. Das Bergamt Schneeberg bezahlte später eine Rechnung, die Zellmann nicht mehr verlegen wollte und schloß die Grube vorerst. Grund waren von Beginn an zunehmende Probleme mit der Wasserhaltung. Der Abbau scheint zu ruhen, bis Dresden im Oktober 1719 eine größere Menge "Calcedonnieren" bestellt. Zellmann berichtet von einer eingedrückten Kaue infolge andauernden Regens und der Gefahr, dass der Schacht bald verstürzt; das Bergamt hatte noch keine neue Entscheidung gefällt. In der Folge wird wieder gearbeitet, im März 1720 wird ein neuer Schacht geteuft, und es werden gute Funde gemacht. Ein Stolln zur Entwässerung wird im Sommer aufgefahren, die Schächte weiter abgesunken. Der Aufwand muß immes gewesen sein, da heftig Wasser einbricht. Bereits nach Fertigstellung des Stollns im Sommer wird bei Schichtbeginn täglich 3 bis 4 Stunden gepumpt, um das nachts eingebrochene Wasser zu beseitigen. Anfang 1721 sind 7 Arbeiter Tag und Nacht in der Grube beschäftigt. Zwischendurch gibt es Vorschläge, wie die Wasserprobleme zu lösen seien (Bau einer Wasserkunst mit langem Kunstgraben, Rösche vom Dorfbach, neuer Stolln in größerer Tiefe oder ein Feldgestänge von einer Mühle zum Stolln werden in Erwägung gezogen). Mitte 1721 sind 9 Knechte rund um die Uhr allein mit der Wasserlösung beschäftigt. Es wird fieberhaft in alle Richtungen versucht, weiter abzubauen; wobei die Funde abwechselnd gut und dann wieder enttäuschend ausfallen.
Am 06.12.1721 wird die Grube wegen zu hoher Kosten (über 1000 Thaler waren verbraucht worden) endgültig geschlossen. Nochmals im Jahr 1730 erhielt Herr Johann Caspar Schmieder eine Konzession für den Abbau, von der er aber keinen Gebrauch machte. 1743 erhielt ein Herr Christoph Abraham Stephanie die Konzession für den Wiederauer Bruch und sollte mit Schmieder zusammenarbeiten. Beide schürften jedoch später auf Altendorfer Flur (Chemnitz), was zu Beschwerden und zu einer Gesetzesänderung (Vergaberecht für Sächsische Edelsteinvorkommen) führte. So wurde das Wiederauer Bergwerk nie wieder aufgenommen. (Quelle: "Das Vorkommen des Rochlitzer Achates" in Wiederau bei Rochlitz, Sachsen", Walter Fischer, Staatliches Museum für Mineralogie und Geologie zu Dresden 1940)
Im Jahre 1956 hat die Staatliche Geologische Kommission Freiberg im Auftrag der Staatlichen Plankommission der DDR Erkundungen in Wiederau durchgeführt - es gab Bedarf an Industriemineralien (Achat für Lager und Mörser) und auch die Schmuckindustrie sollte "eine gewisse Menge" Achat abnehmen. Dabei waren keine konkreten Forderungen hinsichtlich Qualität und Quantität der Steine gestellt worden. Die Entscheidung hinsichtlich des zu untersuchenden Vorkommens fiel gegen Schlottwitz und Halsbach, da in Wiederau ein vergleichsweise hoher Achatanteil (weniger grobkristalliner Quarz) und fehlerfreieres Material vermutet wurde. Zunächst sollten Schürfe angelegt werden, um den Porphyr nachzuweisen. Dabei bediente man sich während der Arbeiten vom 27.08. bis 22.10. des vorgenannten Berichtes von Fischer einschließlich Lageplan, der Porphyr jedoch wurde nicht angetroffen. Im ehemaligen Kunstschacht soll sich jetzt ein Brunnen befinden, der immer reichlich Wasser führt. Im Schurf 7 wurde vermutlich eine Schicht aus einer alten Teichanlage angefahren, es könnte ein Zusammenhang mit der Wasserhaltung des früheren Bergbaubetriebes bestehen. Weiter wurde angenommen, dass wegen der überlieferten massiven Wasserhaltungsprobleme des Bergwerkes aus dem früheren Stolln jetzt noch Wasser austritt; jedoch wurden nur geringe Mengen Sickerwasser in der Mauerbefestigung des Bachufers festgestellt, weswegen angenommen wurde, dass die Grubenbaue größtenteils verstürzt sind. Letztlich sind überall dort ergebnislos Schürfe angelegt worden, wo es die Oberflächenverhältnisse des Areals zugelassen haben (Straße, Gebäude, Böschungen). Wegen des ausgebliebenen Erfolgs plante man für das Jahr 1957 Bohrungen bis 30m Tiefe, die bessere Ergebnisse bringen sollten. (Quelle: Zwischenbericht der Staatlichen Geologischen Kommission Freiberg vom 11.12.1956)
Es soll neben der Hauptgrube in Wiederau einen weiteren Abbau bei Seelitz gegeben haben. Man habe bis 1728 einen Stolln betrieben; teils auf einem mächtigen Gang, teils auf Trümern und Nieren im Porphyr. (Quelle: Johann Carl Freiesleben, "Magazin für die Oryktographie von Sachsen", II. Heft, 1828) Im Zusammenhang damit wird in "Schumanns Lexikon" (1824) das Pürstener Tonlager erwähnt; der aus Calzedon, Amethyst und Quarz gebildete Stein werde gewöhnlich "Rochlitzer Achat" genannt.
Die Arbeitsgruppe hat das Gelände der ehemaligen Achatgrube mehrfach befahren und auch Schürfe angelegt, konnte dabei jedoch keine Spuren des damaligen Bergbaus nachweisen. Es wurde kein Haldenmalterial gefunden, auch der Stollneingang mit dem früheren Wasseraustritt ist nicht mehr kenntlich. In diesem Zusammenhang bleibt zu erwähnen, dass das Gelände durch Bebauung, Aushub bzw. Auffüllung mit Mutterboden in den vielen Jahren immer wieder verändert wurde. Letztlich können nur Vermutungen angestellt werden, wo genau sich die Schächte und der Stolln befunden haben. Auch der vorübergehende Aufschluss 1992 ist aufgrund der Tiefe der Baugrube und der nun anliegenden Medien nicht mehr zugänglich. Somit bleibt nur die Hoffnung, dass es bei künftigen Tiefbauarbeiten in und um Wiederau vielleicht noch einmal eine Überraschung gibt.
Passenderweise sei hier Johann Friedrich Wilhelm Carpentier ("Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande", 1778) zitiert: "...die schönsten Steine dieser Art... , ...und nunmehro um so vielmehr eine Schönheit ausmachen, da seit dieser Zeit nicht wieder daselbst ist gearbeitet worden, daß kaum noch die Stellen, wo man ihn gewonnen hat, kenntlich geblieben sind."